Haushalt 2020

Haushaltsrede FDP Hürtgenwald 2020 (Stephan Cranen)
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Ratsmitglieder,
sehr geehrte Bürgerinnen,
sehr geehrte Bürger,

kurz vor der Jahresmitte entscheiden wir jetzt endlich über den
Haushalt 2020. Es ist ja leider nicht so, dass wenn dieser heute
beschlossen wird, er sofort gilt und umsetzbar ist. Ganz und gar
nicht,   sondern  nach   §   80   GO   ist   dieser   der  Aufsichtsbehörde
zur Genehmigung vorzulegen. Solange die Genehmigung nicht
vorliegt,   befinden   wir   uns   nach   §   82   GO   in   der   vorläufigen
Haushaltsführung.   Das   Warten   auf   die   Genehmigung   kann
dauern,   evtl.   sogar   bis   nach   der   Kommunalwahl.   Dann   bleibt
nicht mehr viel von 2020. An dieser Stelle möchte daher direkt
einmal die Frage aufwerfen, die hier, auf inhaltlicher Ebene, die
Meisten   umtreibt:   Welchen   Sinn   hat   der   Haushalt   als
Planungsobjekt,   wenn   er   für   dieses   Jahr   kaum   noch   zur
Umsetzung verwendet werden kann? Wie  kann  solch ein Fall
überhaupt eintreten?
In   §   80   GO   heißt   es   eigentlich,   dass   die   Anzeige   des
Haushaltes     spätestens     einen     Monat     vor     Beginn     des
Haushaltsjahres   erfolgen   soll.   Das   haben   wir   wohl   erheblich
verfehlt. Mit Sicherheit kann und darf die Corona-Pandemie, die
uns als Gesellschaft natürlich über weite Strecken einschränkt,
nicht   als  Ausrede   seitens   der   Verwaltung   verwendet   werden.
Damit würde man das letzte Fünkchen Authentizität gegenüber
der Bevölkerung Hürtgenwalds verlieren. Dies kann für uns alle,
die   wir   unser   Mandat   im   Sinne   des   Volkes   ausüben   sollen,
garantiert nicht das Mantra sein.

Wollen wir die Chronologie bei der Aufstellung des Haushaltes
Revue passieren lassen, um mögliche Fehler zu evaluieren:
Im November letzten Jahres sollten wir über die Hebesätze der
Realsteuern   abstimmen,   ohne   dass   das   Zahlenwerk   des
Haushaltes   vorlag.   In   §   78   GO   ist   eindeutig   geregelt,   was
Bestandteil   der    Haushaltsatzung    ist.   Danach    sind   die
Steuersätze   des   Haushaltsjahres   unter   Punkt   4   nach   den
jeweiligen     Zahlen     des     Ergebnis-     und     Finanzplanes
auszuweisen.
Warum   ist   das   so?   §   77   der   GO   bestimmt   eindeutig   die
Grundsätze der Finanzmittelbeschaffung. 
Danach   hat   die   Gemeinde   zur   Erfüllung   ihrer   Aufgaben   die
erforderlichen   Finanzmittel   aus   Entgelten   und   im   Übrigen  aus
Steuern zu beschaffen, soweit die sonstigen Finanzmittel nicht
ausreichen.
Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass der Gesetzgeber genau
diesen Fall (Black box) nicht vorsieht. Insbesondere wenn man
bedenkt,   dass   die   Hebesätze,   beispielsweise   mit   950   %
Grundsteuer B, an der Spitze der Bundesrepublik liegen, hätte
ich   hier   mehr   Fingerspitzengefühl   von   Seiten   der   Verwaltung
erwartet. 
Es darf nicht sein, dass die desolate Haushaltslage der letzten
Jahre nun auf die Schultern der Bürger übertragen wird, damit
diese dann – unverschuldet, unbeteiligt – die hohen Lasten zu
tragen haben! Daher haben wir auch gegen die Erhöhung der
Hebesätze   der   Realsteuern   gestimmt,   denn   ich   muss   leider
konstatieren,   dass   sich   die   Bürgerinnen   und   Bürger   völlig
zurecht   nicht   als   Verantwortliche   für   dieses   Desaster   sehen.
Gelinde   gesagt   könnte   man   so   weit   gehen,   die   finanzielle
Situation Hürtgenwalds als Farce zu bezeichnen. 

Nun zu dem inhaltlichen dieses Planes:
der § 95 Abs. 5 GO vor, dass der Bürgermeister den Entwurf
des   Jahresabschlusses   bis   zum   31.03.   des   Folgejahres   dem
Rat zur Feststellung vorlegt:
Oder soll dieser aus den Erfahrungen von 2018 mit 1,5 Mio. €
Planabweichung   bis   nach   der   Kommunalwahl   zurückgehalten
werden? 
Dennoch,   eine   Ablehnung   des   vorgelegten   Haushaltes   wäre
aus meiner Sicht auch nicht fair, da wir aufgrund der Einwände
als   Oppositionsparteien   die   ursprünglich   von   Verwaltung   und
CDU   vorgesehene   Steuererhöhung   stoppen   konnten   und   die
FDP   -   genauso   wie   alle   anderen   Parteien   -     die   Möglichkeit
hatte, im Haushaltsworkshop mitzuarbeiten. 
Ich   bin   der   festen   Überzeugung,   dass   wir   von   uns   auch
behaupten   können   dies   immer   konstruktiv   und   zielführend
verfolgt   zu   haben.   Jeder   sollte   sich   allerdings   selber
hinterfragen,   ob   er   das   von   seiner   Fraktion   beziehungsweise
seiner Person auch behaupten möchte.
Ferner glaube ich auch, dass eine Ablehnung heute Stillstand
bedeuten   würde.   Und   genau   das   gilt   es   in   Hürtgenwald   zu
verhindern,   um   endlich   aus   dem   Schuldenmorast   raus   zu
kommen. 
Dafür   braucht   es   allerdings   jetzt   frischen   Wind   und   eine
gänzlich   andere   Politik.   Ich   meine,   es   hat   mittlerweile   jeder
begriffen,   denn   selbst   Teile   der   Verwaltung   postulieren   es
brauche für Hürtgenwald ein Zitat „klares Entwicklungskonzept“
sowie „eine klare Investitionsstrategie“, auch wenn   die Frage
erlaubt sein muss, warum dies nicht bereits in den vergangenen
Jahren von der Verwaltung vorangetrieben wurden ist. 
Gibt   es   dann   jedoch   eine   solche   Möglichkeit   der   eventuellen
Einspeisung von Geldern aus dem in naher Zukunft mit und mit
konkretisierten   Konjunkturpaket,   so   ist   die   Schuldenreduktion
offensichtlich nicht mehr erwünscht. 
Unser  Antrag   zum   Haushalt   (Tagesordnungspunkt   5.3)   wurde
nämlich   vorerst,   obwohl   er   dem   Bürgermeister   höchst
fristgerecht   eingereicht   wurde,   nicht   mitaufgenommen,   womit
sogar gegen geltendes Recht der GO verstoßen wurden wäre.
Erst       nach       flehentlichem       Bitten       seitens       unseres
Fraktionsvorsitzenden,   Siegfried   Bergsch,   hat   die   Verwaltung
den   Antrag   dann   doch   noch   akzeptiert   und   ihn   zu   einem
äußerst   späten   Zeitpunkt   der   Kämmerin   zukommen   lassen.
Diese hatte anschließend die Mühe ihn in kürzester Zeit noch
zu prüfen. Dieses Beispiel beweist im Kleinen, was hier vor sich
geht,   denn   auch   wenn   ich   soeben   viele   Dinge   kritisiert   habe,
schätze ich die Arbeit der Kämmerin und die Ihres Teams sehr.
Aber   der   beste   Mitarbeiter   kann   die   Dinge   nicht   alleine
umsetzen, wenn die Führung etc. nicht voll dahinter steht.  
Vielmehr   bedarf   es   aus   meiner   Sicht   in   dieser   Verwaltung
einem - schon seit langem fälligen - Umdenken, dass nicht nur
die Kämmerei, sondern jeder Einzelne für Hürtgenwalds Zahlen
und Budget verantwortlich ist. Vielleicht wäre dann auch das ein
oder andere dieser Verwaltung wortwörtlich „erspart“ geblieben.
Ich bin überglücklich mit unserem Antrag zum Haushalt 2020,
weil   durch   diesen   unterm   Strich   kein   zusätzliches   Geld
ausgegeben   werden   soll,   sondern   vielmehr   Gelder   Dritter
akquiriert   werden   sollen   und   somit   unser   Haushalt   entlastet
wird.  Ein  Scheitern  dieses  Antrages  durch  die Ablehnung  des
Haushaltes     2020     würde     ein     ultimatives    Armutszeugnis
darstellen.
Schließen   möchte   ich   an   dieser   Stelle   mit   einem   Zitat   des
früheren  britischen  Premierministers   William   Ewart   Gladstone,
welches zu jedem Zeitpunkt, ganz besonders jetzt, universelle
Gültigkeit besitzt: „Der Politiker denkt an die nächsten Wahlen,
der   Staatsmann   an   die   nächste   Generation.“   Jeder   hier   in
diesem Raum sollte sich dies intensiv zu Herzen nehmen. 
Wir   als   FDP-Fraktion   werden   genau   aus   diesem   Grund   den
Haushalt   2020   nicht   ablehnen,   denn   wir   sind   der   festen
Überzeugung,   dass   so   schlecht   die   Vergangenheit   auch gelaufen sein mag, es nicht sein kann, dass auf den Wahlkampf
ausgerichtete parteipolitische Politik dem Wohl der Bürgerinnen
und   Bürger,  dem   Wohl  unserer   wunderschönen  Gemeinde   im
Weg steht.

 

Stellungnahme

Auch wir stehen immer noch unter dem Eindruck der Ratssitzung vom 25.06.2020. Wir haben die letzten Tage genutzt die Entscheidungen zu reflektieren und uns innerhalb unserer Fraktion vermehrt über die Geschehnisse ausgetauscht. 

Nun wollen auch wir Stellung beziehen: 

Wie ja bekannt ist, haben wir uns in der Haupt- und Finanzausschusssitzung dafür ausgesprochen nicht gegen den Haushalt 2020 zu stimmen. Dies steht so auch in unserer Haushaltsrede, weshalb wir auch in der Ratssitzung dann den Haushalt nicht abgelehnt haben. 
Die Gründe dafür liegen auf der Hand: 
1. Es ist äußerst bedauerlich, dass den Vereinen so auf vorübergehende Zeit die finanzielle Unterstützung versagt wird. 
2. Ein wichtiger Grund für uns: Wir haben als EINZIGE Fraktion einen Antrag zum Haushalt 2020 eingebracht. Dieser sieht vor aus dem Konjunkturpaket, welches gestern teilweise beschlossen wurde, Mittel zu akquirieren und somit den Haushalt zu entlasten. Es geht hierbei um Gelder in möglicher Höhe von mindestens einer halben MILLION, die die Finanzlage der Gemeinde nachhaltig entlasten könnten. Dieser Antrag wurde auch vor der Haushaltsablehnung von allen Fraktionen + Vertreter der Linken so einstimmig beschlossen, was die Eminenz unterstreicht. 
Wir haben nun die große Sorge, dass eine mögliche Inanspruchnahme der Mittel aufgrund des abgelehnten Haushaltes deutlich schwieriger und langwieriger sein könnte. Das wäre sehr schade und ein Schritt in die gänzlich falsche Richtung! 
3. Ein nicht genehmigter Haushalt schränkt die Gemeinde absolut ein und verschiebt die Probleme nur, anstatt sie in Angriff zu nehmen. Dies hilft keinem weiter, da es für Hürtgenwald Stillstand bedeutet und das Wohl der Gemeinde auf dem Spiel steht. 

Abschließend müssen wir konstatieren, dass es Mitglieder der CDU Hürtgenwald gibt, die die Situation richtig und ehrlich einschätzen, siehe Jörg Simon. Er sagt: „Jede Partei will sich anscheinend nur noch für den Wahlkampf positionieren“. Solch offene Ansichten schätzen wir. 
Weite Teile der CDU versuchen allerdings, die Ablehnung des Haushaltes den Mehrheitsfraktionen im Rat alleine in die Schuhe zu schieben. Doch die Wahrheit ist, dass mindestens ein CDU-Mitglied, wenn man 1:1 zusammen zählt, nicht für den Haushalt gestimmt haben kann. 
Dann darf man sich sicherlich auch nicht als CDU Hürtgenwald als Retter der hürtgenwaldischen Vereinslandschaft darstellen! 
 

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